Die politische Geschichte der USA ist zwar nicht die längste, hatte aber wahrscheinlich die größten Auswirkungen auf uns alle. Wie Amerika vom Isolationismus zur Weltmacht aufsteigen konnte, erfahren Sie in diesem Artikel. (Teil 2)
Der Kalte Krieg
Hintergrund
- Die gemeinsame Feindschaft gegen Hitler (Anti-Hitler-Koalition) gibt es nicht mehr
- Die SU hatte damit begonnen ihr System in Osteuropa (zumeist mit Zwang) einzuführen
In Deutschland prallen zwei Weltanschauungen aufeinander: eine gemeinsame Verwaltung der Besatzungszonen ist nicht möglich
Die Wende in mehreren Schritten
In den USA ging man davon aus, dass sich der Kommunismus weiter verbreiten würde. Dementsprechend versuchte man, diesen „einzudämmen“.
Containment (=Eindämmung) – Truman 1947
Folge 1: Marshall-Plan
Jedem europäischen Land, das durch den Krieg zerstört wurde, stehen großzügige US Hilfen bereit.
Außenpolitisches Kalkül
- Man wusste, dass die UdSSR den osteuropäischen Ländern eine Annahme nie gestatten würde
- Die westeuropäischen Länder werden großzügig unterstützt und erlangen schnell ein relativ beachtliches Lebensniveau
- Hintergedanke: WIR sind die GUTEN, die RUSSEN sind die BÖSEN!
Seht, wie gut es euch gehen könnte, wenn ihr an unserer Seite stündet.
Folge 2: NATO
North Atlantic Treaty Organization
- Unter US Führung wird 1949 das nordatlantische Verteidigungsbündnis gegründet
- Grundsatz: Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle
- Die USA verpflichten sich gewissermaßen darauf, Westeuropa zu verteidigen
- Antwort der SU: Warschauer Pakt (1955)
Wichtige Wende: Spätestens ab 1948 herrscht „Kalter Krieg“
Die USA und die westlichen Demokratien führen einen Konkurrenzkampf gegen die Sowjetunion und die Staaten des Ostblocks (NATO vs. Warschauer Pakt). Dieser hält bis 1990 an.
Es werden alle Mittel eingesetzt – nur zu einem „heißen Krieg“, also mit direkter Waffengewalt, kommt es glücklicherweise nicht.
Die Mittel der Wahl sind meist Spionage, Propaganda, Wettrüsten (vgl. Atombomben), Einschüchterung und der Wunsch nach Überlegenheit in allen Lebensbereichen, sogar im Sport.
Wichtig: Für unsere heutige Generation ist das nicht mehr nachvollziehbar. Spätestens, als sich die Supermächte beide gegenseitig vernichten und die Erde unbewohnbar machen könnten, ist der Kalte Krieg völlig irrational.
Die Ausgangslage
- Die USA sind Weltmacht Nr.1 und haben die Atombombe
- Ab 1949 hat auch die SU Atombomben; allerdings weniger und auch langsamere Bomber
- Die USA sind von der SU aus nicht angreifbar (isolierte Lage)
- 1952 entwickelt die USA die Wasserstoffbombe – die SU zieht nach
Wichtig: Bis 1957 (Demonstrationssatellit Sputnik) fühlen sich die USA in einer absolut überlegenen Position; man nimmt keinerlei Rücksicht auf die SU.
Verteidigungsstrategie:
Massive Response (bei einem sowjetischen Angriff wird das gesamte Waffenarsenal (inkl. Atombomben) gegen die UdSSR genutzt und eingesetzt).
Der Koreakrieg
Da ein Schlagabtausch in niemandes Interesse war, verlagerte man die Auseinandersetzungen auf sog. „Stellvertreterkriege“.
Sprich: Man mischt sich in Konflikte in anderen Weltregionen ein, kämpft dort für den eigenen Standpunkt und will dem Gegner die eigene Überlegenheit demonstrieren.
Geschichte
Korea war nach japanischer Besatzung zwischen den USA und der UdSSR aufgeteilt. Nordkorea griff Südkorea 1950 mit sowjetischer Zustimmung an, um das Land unter kommunistischer Führung zu vereinigen. Daraufhin griffen die USA und andere westliche Mächte ein.
Die SU liefert Nordkorea Waffen – China liefert Soldaten. (Stalin hat Angst davor, den Krieg gegen die USA könnte er alleine nicht gewinnen!)
1953 kommt es zu einer Pattsituation: Die USA sind technologisch überlegen, Nordkorea – durch China – allerdings zahlenmäßig.
Korea bleibt geteilt – keine Seite konnte siegen.
Bedeutung
Die amerikanische Einstellung zum kommunistischen „Osten“ zeigte sich als fragwürdig, da man trotz aller Bemühungen nicht siegen konnte.
→ Die Rolle der USA als unbesiegbare Weltmacht wurde langsam fragwürdig!
Hier stellt sich eine grundsätzliche Frage des Kalten Krieges:
Wie weit ist man bereit für den Sieg zu gehen? Ein Atomwaffeneinsatz gegen Nordkorea und China wurde sehr wohl diskutiert. Angesichts der enormen zivilen Opfer wurde dieser allerdings verworfen. Erst aus heutiger Sicht erkennt man an dieser Stelle bereits die Sinnlosigkeit dieser Waffe!

Das Jahr 1957: Ein vergessener Wendepunkt
Hintergrund
Die SU bringt mit dem „Sputnik“ den ersten Satelliten ins Weltall. Hierbei handelt es sich um eine eigentlich lächerliche Metallkugel, die Morsezeichen absendet, die die ganze Welt erreichen sollen.
Vordergründig könnte man denken, dass die SU ihre Überlegenheit in der Raumfahrt beweisen wollte.
Bewertung
Es stimmt nicht, dass die Signale des Sputnik auf der ganzen Welt hätten aufgenommen werden sollten. Vielmehr war dies ein Akt der Verzweiflung. Die USA sollten sehen, dass die SU nun über leistungsfähige Raketen verfügt.
Das Sputnik könnte auch ein Atomsprengkopf sein, der die USA an jedem Punkt treffen könnte.
Im Wesentlichen ging es darum, den USA ihre neue Verwundbarkeit aufzuzeigen!
Reaktion der USA
Die USA verfallen in eine regelrechte Schockstarre – sie haben die Botschaft verstanden. Damit wären sie – zum ersten Mal in der Geschichte – wirklich ernsthaft verwundbar. Jetzt befand sich der Kalte Krieg tatsächlich an einem Wendepunkt. Dieser verlief allerdings nicht so, wie die UdSSR sich das vorgestellt hatte.
Amerika verwendet nun noch mehr Staatsgeld für die Entwicklung neuer Technologien und Waffen. Sie bauen ihre Stützpunkte auf der ganzen Welt weiter aus, z.B. in der Türkei, auf Grönland, Japan, den Philippinen, Thailand, Italien, Großbritannien oder Westdeutschland.
Ziel ist es, die Möglichkeit zu haben die SU von allen Seiten aus anzugreifen.
Resultat
Die Sowjetunion ist nun umringt. An all ihren Grenzen befinden sich amerikanische Atomraketen.
Kuba: Weltende in Sicht
Hintergrund
- Kuba ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine scheinselbstständige Kolonie der USA
- An der Macht gehalten wird ein durch die USA unterstützter Diktator
- Wichtig ist den USA v.a. der Erhalt des Besitzes amerikanischer Firmen – die Innenpolitik ist uninteressant – die Lebensverhältnisse der Kubaner sind elend
- 1959: Der Sozialist Fidel Castro startet eine kommunistische Revolution auf Kuba
- Der eigentliche Diktator flieht – US Firmen werden „aus dem Land gejagt“
- 1961: Eine von den USA finanzierte „Gegenrevolution“ scheitert kläglich
Bedeutung
Castro war anfangs kein glühender Verehrer der Sowjetunion. Doch er musste sich nach der Attacke auf seine Revolution für eine Seite entscheiden. Die SU nimmt dankend an, sodass Kuba massive wirtschaftliche Unterstützung erhält.
Als Gegenleistung sollten sowjetische Atomraketen auf Kuba stationiert werden.
Gegensätzliche Beurteilung
Sowjetische Sicht ☭
Raketen auf Kuba sind eher ein schwaches Gegengewicht zu den amerikanischen Sprengköpfen in Italien oder der Türkei.
Amerikanische Sicht 🇺🇸
Die Sowjetunion dringt in den „Hinterhof“ ein- eine Einmischung in Südamerika wird als Überfall angesehen.
Geschichte
Hier nur kurz zusammengefasst:
- Wichtig ist, dass beide Seiten in diesem Konflikt nicht nachzugeben scheinen
- Vom 16. bis 28. Oktober 1962 steht die Welt täglich am Rande des Atomkriegs
- Beide Seiten lassen „die Muskeln spielen“ und scheinen sich auf einen Nuklearkrieg einlassen zu wollen
- Fehleinschätzungen und richtige Entscheidungen wechseln sich ab
Lösung
Da beide Seiten wissen, das ein atomarer Schlagabtausch das Ende der Menschheit bedeutet, wären sie bereit gewesen dies zu riskieren.
Umso mehr darf es deshalb erstaunen, dass die SU dann doch noch nachgegeben hat.
→ Die SU zieht Raketen auf Kuba ab, die USA aus der Türkei
Bewertung
Die US Politik gegen die SU ist fragwürdig geworden, da man nun weiß, dass man auch vernichtet werden kann. Ein Weiteres Ignorieren bzw. Demütigen der Sowjets ist keine Option mehr.
Trotz des „Sieges“ kommt es zu einer Neubewertung: Nicht bei jedem Aufeinandertreffen soll der SU sofort mit Vernichtung gedroht werden, da man einen Gegenschlag vermeiden will. Stattdessen will man mit „flexiblen Antworten“ und Diplomatie antworten – nicht mir Waffengewalt.
Die USA müssen den Supermachtstatus der UdSSR nun doch anerkennen.
Der Vietnamkrieg
Vorgeschichte
Vietnam (bzw. Indochina) ist seit dem Ende des 19. Jhd. eine französische Kolonie. Von Beginn an gab es Volksaufstände gegen die Fremdherrschaft.
Seit den 1930ern übernimmt die kommunistische Partei unter Ho Chi Minh die Federführung im Kampf gegen Frankreich.
Nach der Niederlage in Europa muss Frankreich Vietnam an Japan abgeben. Als dieses aber kurze Zeit später verliert, muss Japan die Kolonie an den „rechtmäßigen Besitzer“ zurückgeben.
Da Frankreich aber den Krieg um seine Kolonie verliert, wird Vietnam geteilt und es erfolgt eine Machtübernahme des Militärs.
In der Folgezeit versucht Nordvietnam das Militär im Süden zu schwächen, um anschließend ein kommunistisches „Gesamtvietnam“ zu errichten.
Die Rolle der USA: Dominotheorie
Von Beginn der Auseinandersetzungen an engagieren sich die USA in Vietnam, indem sie z.B. Waffen lieferten.
Hintergrund ist die Dominotheorie: Sollte ein Land kommunistisch werden, werden auch die Nachbarländer „umfallen“!
Wichtig ist zu sehen, dass es den USA nie um Vietnam an sich ging. Vielmehr hatte man Angst vor einer „Sogwirkung“, in deren Folge wichtige Staaten mit US Stützpunkten das politische System ändern würden. Bei einem Verlust von wichtigen Basen auf den Philippinen, in Thailand oder Japan würde man in Asien kein Gegengewicht gegen China und die SU aufbauen können.
Krieg
Dieser beginnt schleichend und wurde auch nie wirklich offiziell erklärt.
Bereits ab 1962 befinden sich „Militärberater“ in Südvietnam – bereits jetzt fliegt die Airforce zur Unterstützung des südvietnamesischen Diktators Luftangriffe.
1964 wird ein amerikanisches Kriegsschiff in nordvietnamesischen Gewässern torpediert. Daraus folgte eine offene Kriegsbeteiligung der USA und Aufstockung der Truppen in Vietnam.
Kriegsverlauf
Kurz zusammengefasst.
- Es gibt nur eine wirkliche Schlacht gegen die US Armee, die die Nordvietnamesen offensichtlich verlieren
- Die nordvietnamesische Armee und v.a. Untergrundkämpfer (Vietcong) verlegen sich auf einen asymmetrischen Krieg; sie ziehen sich in den Dschungel zurück und verlassen sich oft auf Anschläge
- Die USA sind haushoch überlegen und die Luftwaffe legt die wenigen Großstädte in Nordvietnam in Schutt und Asche
- Allerdings gibt es keinen sichtbaren Gegner zu bekämpfen
- Der Dschungelkampf zu Fuß ist für die USA nicht zu gewinnen
Die Eskalation (Sehr wichtig für die weitere Geschichte)
- Für beide Parteien entsteht eine Situation des „Nicht-Siegen-Könnens“
- Beide greifen zu immer grausameren Methoden
- Beispiele:
– Die USA teilen den Dschungel in Planquadrate auf und erklären diese zu „Free-kill-areas“ (jeder, der sich dort befindet, wird getötet).
– US Einheiten erhalten Abschussquoten (man hatte bei einem Einsatz eine gewisse Anzahl an Vietcong zu töten. Da diese aber nicht von Zivilisten zu unterscheiden waren, kommt es zu Massakern an Unschuldigen.
– Der Einsatz von „Agent Orange“, einem heftigen Entlaubungsmittel, das den Dschungel entlauben soll, um dem Feind die Deckung zu nehmen.
– Auch der hochentzündliche Brandbeschleuniger Napalm wurde gegen ganze Dörfer genutzt.
– Des Weiteren gab es ständige Bombardements (in Vietnam werden mehr Bomben abgeworfen, als im gesamten zweiten Weltkrieg von allen Mächten zusammen).
Bedeutung für die US Innenpolitik
Die Bevölkerung ist schockiert über die Brutalität der eigenen Regierung. Dadurch entsteht die „Flower-Power“ bzw. „Hippie-Bewegung“.
Jetzt protestiert eine ganze Generation junger Menschen gegen die eigenen Politiker. (Auch aus Angst selbst eingezogen zu werden!)
→ Diese Form des Ungehorsams war in den patriotischen USA völlig neu!
Eine große Menge der Bevölkerung hält die Bekämpfung des Kommunismus in anderen Ländern für sinnlos, was den Druck auf die Regierung, den Krieg zu beenden, massiv erhöht hat.
Gigantischer Ansehensverlust der USA weltweit
- Die USA gaben stets vor für Demokratie, Menschenrechte, usw. Krieg zu führen
- ABER: In Vietnam ergibt sich offensichtlich ein anderes Bild
- Die Bevölkerung wollte einen gemeinsamen sozialistischen Staat
- Die USA waren bereit einen brutalen Diktator zu stürzen – von einer echten Demokratie war keine Rede
- Sie begehen schwerste Menschenrechtsverletzungen
Scheinbar verändert sich das Bild:
Die Öffentlichkeit stellt sich die Frage, ob die USA wirklich für das Gute und die SU wirklich für das Schlechte steht.
Berücksichtigt werden muss jedoch auch, dass die UdSSR 1968 den Prager Frühling in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik blutig niederschlägt.



Die 70er Jahre
Abzug aus Vietnam
- Unterzeichnung des Friedensvertrages 1973
- Offizieller Abzug der US Truppen
- Südvietnams Regime wird weiter mit Geld und Waffen unterstützt, verliert den Krieg allerdings trotzdem
Phase der Orientierungslosigkeit
- Außenpolitisches Auftreten der USA nun deutlich defensiver
- Gründe:
– Weltöffentlichkeit
– Eigene Bevölkerung
– Tiefe Wirtschaftskrise - Es stellt sich die Frage, ob man den Kommunismus überhaupt noch bekämpfen sollte
- Man gab sich mit dem Status-quo vordergründig zufrieden
- Eine weitere Politik des „Roll-back“ war nicht mehr im Sinne der eigenen Bevölkerung und der Welt
Die Sowjetunion scheint im Kalten Krieg nun die Oberhand zu gewinnen!
Die Wahrheit
Obwohl mancher dies so interpretiertem konnte davon aber keine Rede sein. Die SU hatte wirtschaftlich und technologisch den Anschluss an den Westen verloren und trotz der amerikanischen Wirtschaftskrise hatten die Vereinigten Staaten immer noch die besseren Karten.
Neues Wettrüsten
Die militärische Überlegenheit der NATO gegenüber dem Warschauer Pakt fiel in der SU sehr wohl auf. Diese hatte auf dem Papier zwar mehr Waffen, die NATO allerdings war technologisch überlegen.
FOLGE: Die UdSSR entwickelt eine Mittelstreckenrakete mit hoher Präzision (SS 20). Diese werden massenhaft in Osteuropa stationiert – ein neues atomares Wettrüsten beginnt.
Ära Reagan
1981 wird Ronald Reagan Präsident. Er ist ein strammer Antikommunist und will den Kalten Krieg endgültig für sich gewinnen.
Der einfache Plan lautet: Die SU „totrüsten“.
Hintergrund: Reagan wusste um die wirtschaftlichen Probleme seiner Feinde und er wusste auch, dass die UdSSR bei einem stärkeren Wettrüsten nachziehen und dieses evtl. nicht überstehen würde.
Das Kalkül war der wirtschaftliche Zusammenbruch der SU.
Der amerikanische Verteidigungshaushalt wird enorm aufgebläht – die Sowjetunion versucht mitzuziehen und muss deshalb enorme Kürzungen im „zivilen“ Haushalt vornehmen.
Untergang der Sowjetunion
Mitte der 80er steht die SU unmittelbar vor dem Ruin.
Die „Sargnägel„:
- Seit 1979 steht die SU im Krieg in Afghanistan (verschlingt Unsummen)
- 1986: Reaktorkatastrophe in Tschernobyl (mit gigantischen Folgen)
- Wettrüsten mit den USA ist kaum mehr zu stemmen
Zudem herrscht Unmut in der eigenen Bevölkerung über die politische Führung.
Die Reformbemühungen Michail Gorbatschows scheitern und am 26. Dezember 1991 ist der Zerfall vollzogen – die Sowjetunion ist Geschichte.
Die USA als „letzte Weltmacht“?
Die Phase des Hochgefühls nach dem „Sieg“ im Kalten Krieg währt nur kurz.
Amerika steht jetzt vor einem außenpolitischen Dilemma:
Weltpolizei oder Isolation?
Hintergrund: Mit dem Kampf gegen den Kommunismus konnte man auch vor der eigenen Bevölkerung jeden außenpolitischen Schritt rechtfertigen – dies fällt nun weg.
In der Phase der Selbstfindung entscheidet man sich vorerst für die Rolle als „Weltpolizei“.
Grundproblem des „Weltpolizisten“
Die USA können nun ohne Gegengewicht außenpolitisch tun und lassen, was sie wollen.
Dabei entstehen vielfältige Gefahren:
- Man begibt sich in eine Rolle, aus der man schwer herauskommt; wenn ein Konflikt entsteht, „rufen“ die Verbündeten nach den USA
- Man fühlt sich selbst für die Lösung eines Konfliktes verantwortlich und versucht gar nicht erst „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu geben (Bsp: Konfliktparteien an einen Tisch zu bekommen)
- Intervention wird von Staaten mit anderer Meinung immer mit Arroganz und Ignoranz in Verbindung gebracht (das gilt für Verbündete ebenso wie für Gegner)
- Allmacht verführt immer dazu, eigene Interessen zu verfolgen
- Man muss eigene Grenzen erkennen; wenn Gegner nicht zum Frieden „gezwungen“ werden wollen, wird eine Intervention ins Leere laufen
Einige Beispiele für das Problem:
1. Irakkrieg
1990 marschiert der Irak unter Saddam Hussein im benachbarten Kuwait ein. 1991 entschließt sich eine internationale Koalition unter Führung der USA dazu, Kuwait zu befreien.
Der Krieg wird schnell gewonnen. Allerdings bleibt der Irak unbesetzt und Hussein im Amt.
Die USA erhalten wieder ihre „alte“ Rolle als „Vertreter des Guten“. Die Welt ist nun mehrheitlich wieder auf amerikanischer Seite.
2. Irakkrieg
2003 entschließt sich George W. Bush dazu, den Irak erneut anzugreifen.
Der Hintergrund ist bis heute unaufgeklärt:
- Sicherung der Ölvorkommen?
- Alte Rechnung, da Hussein noch im Amt?
- Tatsächliche Angst, dass der Irak den Terrorismus unterstützt?
Wichtig: Hier unterstützt die Welt mehrheitlich die USA NICHT. Gerade wichtige Verbündete wie Frankreich oder Deutschland weigern sich zu helfen.
Die USA verprellen Verbündete und ihre Eigeninteressen werden offensichtlich. In der arabischen Welt wird die Intervention als Akt der Aggression empfunden.
Hinzu kommt, dass eine Befriedigung und Demokratisierung des Irak bis heute nicht erfolgt ist. Man stürzt sich in einen Konflikt, der bis heute andauert.
Somalia
Anfang der 90er Jahre zerfällt der bitterarme Staat Somalia endgültig. Mehrere kriminelle „Warlords“ breiten sich aus und es entsteht ein undurchsichtiger Bürgerkrieg, der unermesslich viel menschliches Leid bringt.
Die USA und andere wollen eingreifen und die Konfliktparteien zum Frieden zwingen.
Die UN Mission scheitert kläglich, da die unterschiedlichen Gruppen nicht zu einem Frieden zwingen lassen. Sie schließen sich sogar gemeinsam gegen die US Armee zusammen.
Dann ziehen die Amerikaner weniger glorreich ab.
Aus Sicht der USA ist die Welt „undankbar“.
Verschiedene Konfliktparteien lassen sich nicht mit Waffengewalt (man beachte die Ironie) zum Guten zwingen.
Jugoslawien (Teil 1)
Die Rolle der USA soll hier nur vereinfacht wiedergegeben werden.
Die UNO und die Europäer schaffen es nicht, den mörderischen jugoslawischen Bürgerkrieg unter Kontrolle zu bringen. Lange haben die USA das nicht als ihr Problem angesehen und ignoriert.
Als aber Interventionsversuche scheitern, werden die USA um Hilfe gebeten.
Die Antwort ist denkbar einfach: Jede Konfliktpartei (Serben, Kroaten, Muslime, etc.) wird bombardiert, wenn sie den Frieden bricht.
Vereinfacht gesprochen funktioniert dieses Muskelspiel – am Ende erzwingen die USA den Frieden.
Jugoslawien, Serbien, Kosovo (Teil 2)
Im Rahmen der territorialen Neuordnung Jugoslawiens versucht Serbien das Kosovo endgültig zu annektieren. Man stellt die ethnische Minderheit der Albaner vor folgende Möglichkeit:
Entweder ihr verlasst das Land, oder ihr werdet getötet.
Die serbische Armee richtet massenhaft Albaner hin, die das Land nicht verlassen.
1998/99 scheitert eine UN Resolution gegen Serbien am Veto Russlands (Russland sieht sich jeher als enger Verbündeter Serbiens).
Die NATO – unter Führung der USA – führt gegen Serbien dennoch einen Luftkrieg mit ähnlichem Vorgehen (Bomben, bis Kapitulation).
Serbien stellt letztendlich seine Aggressionen ein.
Jetzt war endgültig klar, dass das Wort Russlands keinerlei Bedeutung für die USA hat.
Diese Schmach hat Russland bis heute nicht vergessen.
Obwohl eigentlich auf der Seite der Guten, verschafft man sich damit Feinde.
NATO Osterweiterung
Viele Osteuropäische Staaten (ehemals im Warschauer Pakt) erbitten die Aufnahme in die NATO.
Mit Unterstützung der USA werden viele Länder aufgenommen, sodass die Grenze der NATO an direkt die russische wandert.
Russlands Einwände werden nur zur Kenntnis genommen, da es damals zu schwach ist, um die Vorgänge zu stoppen.
Dann installieren die USA Raketen des weltweiten Abfangschirms gegen russische Atomraketen in Osteuropa. Diese Provokation kann Russland ebenfalls nicht verhindern, sieht sich seinerseits jedoch zur Entwicklung neuer Waffen gezwungen.
Die USA argumentieren damit, dass man Osteuropa auf eigenen Wunsch hin schützt – Russland sieht dies als Eindringen in den ehemaligen Einflussraum.
Es offenbart sich hier ein Grundsatzproblem, das mit Herrschaft und Macht zu tun hat. Dieses gibt es zwischen Eltern und Kindern, Lehrern und Schülern, Politikern und Bürgern! Nichts daran ist neu. Wahrscheinlich ist es nicht einmal auflösbar.
Die USA argumentieren ganz einfach wie folgt:
Wir bringen euch nur Gutes. Wenn es Probleme gibt, die ihr nicht lösen könnt, ruft ihr uns, wenn wir es anpacken, kritisiert ihr anschließend, was nicht funktioniert hat. Dass wir auch eigene Interessen vertreten, muss euch doch klar sein. Lasst uns machen.
Ihr mischt euch überall ein, ihr zwingt uns euren Willen auf und ihr verfolgt in Wahrheit nur Eigeninteressen. Ihr müsst doch wissen, dass wir dann erst recht ablehnend werden.
Wichtiger Exkurs: Das Verhältnis zu China – oder: Ein bemerkenswerter Sonderweg
China hat sich auf militärische Muskelspiele in den 90ern und Anfang der 2000er nie eingelassen. Auf Alleingänge der USA reagierte man immer bemerkenswert passiv (siehe viele Enthaltungen im UN Sicherheitsrat).
China wusste damals, dass es für eine Konfrontation mit den USA zu schwach ist.
Dreifachstrategie: Wirtschaftswachstum – wirtschaftliche Stärkung – Aufrüstung
Für die Zukunft war entscheidend, dass China ganz anders vorging, als die UdSSR oder Russland heute. China machte sich unabdingbar (z.B. deutlich bei vielen Lieferketten in der Coronakrise).
Ohne China läuft die Weltwirtschaft nicht – in Krisenzeiten hat China die Macht der Welt den Atem abzudrücken.
Anderer Baustein der Strategie: $
- China ist der größte Inhaber amerikanischer Staatsanleihen
- China kauft verlässlich einen Großteil neu platzierter amerikanischer Anleihen
- Jede (westliche) Volkswirtschaft funktioniert auf Pump; wenn man kein Geld am Kapitalmarkt erhält, ist man pleite
- Jeder US-Präsident weiß: Wenn China keine Anleihen kauft, ist seine Regierung am Ende
- Noch schlimmer: Die Geldbombe
China braucht die Atombomben nicht zwingend; wenn China alle US-Anleihen gleichzeitig auf den Markt wirft, sinkt deren Wert ins Bodenlose; jede Refinanzierung des US-Haushalts wäre damit unmöglich
Ein möglicher Einwand:
Die USA könnten mit China ähnliches tun – doch hier liegt ein wichtiger Unterschied: China ist eine Diktatur
Sollte die Regierung dort einen massiven Wohlstandsverlust der Bevölkerung wegen machtpolitischer Interessen in Kauf nehmen wollen, könnte sie das tun.
Die USA sind eine Demokratie: einen massiven Wohlstandsverlust würde die Bevölkerung letztlich mit der Abwahl der Regierung quittieren.
Hierbei ein wichtiger Hinweis zur chinesischen Wirtschaft:
- Im kapitalistischen System schreibt der Staat einem Unternehmen nicht vor, wie es zu wirtschaften hat
- Abseits von wenigen Beschränkungen wie etwa Embargos oder Rüstungsbeschränkungen kann ein (privates) Unternehmen (z.B. Siemens) seine Produkte an jeden anderen verkaufen
ABER: in China herrscht eine duale Struktur - Der Staat ist an jeder Unternehmensspitze beteiligt (quasi als Aufsicht)
- Das letzte Wort bei jeder Exportentscheidung hat der Staat
- Wenn also ein chinesisches Unternehmen wichtige Bauteile exportieren will, hat der Staat die Möglichkeit dies zu unterbinden (damit wäre es möglich spezielle Firmen oder ganze Staaten von der Versorgung mit einzelnen Komponenten auszuschließen)
- In „normalen“ Zeiten hat man kein Problem damit Handel zu treiben und Geld zu verdienen
- ABER: WAS PASSIERT IN KRISEN?
- NUN könnte man hier den Einwand bringen: Was passiert dann mit den Arbeitnehmern? Und hier kommt die Diktatur ins Spiel: Das Schicksal dieser Menschen ist dem chinesischen Staat im Zweifelsfall egal!
Ein weiterer Baustein
Mittlerweile rüstet China unverhohlen auf. Es besitzt jetzt Flugzeugträger, Tarnkappentechnologie und Interkontinentalraketen. Einen offenen Schlagabtausch mit den USA würde China zwar immer noch nicht gewinnen, was aber auch nicht das Ziel der Regierung zu sein scheint.
Wichtiger ist es die USA aus dem pazifischen Raum zu drängen.
Unterschied zu Russland
China ist für die USA und den Westen systemrelevant. Russland verließ sich zu lange auf Rohstoffe (z.B. Öl oder Gas) und militärische Stärke.
Das Reich der Mitte hingegen ist für den Westen viel wichtiger, da von dort aus Medikamente, Bauteile für Maschinen usw. geliefert werden. Zudem hat China den Westen wegen der Verschuldung in der Hand.
Die zweite Supermacht ist CHINA. Wenn man die Lage analysiert könnte man eigentlich sogar fast behaupten, dass China sogar Weltmacht Nr. 1 sei.
Lesen sie hier mehr über Chinas Expansion.
2001: Und wieder ändert sich die Welt
Am 11. September 2001 finden die verheerenden Terroranschläge in den USA statt (Flugzeuge in das World Trade Center). Nach einer einzigartigen Welle der Sympathie werden die Schattenseiten der amerikanischen Reaktion offensichtlich.
Reaktionen
- Krieg im Irak (siehe Oben)
- Krieg in Afghanistan
- Vermehrte Drohnenangriffe auf „Terroristen“, „Gefährder“, usw.
- Verstärkte Überwachung der eignen und der Weltbevölkerung
Die (bemerkenswerte) Reaktion
Nach einer Welle an Kriegen und Krisen verspricht Präsident Trump eine Neuorientierung der Außenpolitik. Das war auch relativ vorhersehbar, da er nur an eine gängige Theorie anknüpft: Den Isolationismus.
Unabhängig von jeder Medienberichterstattung engagieren sich die USA nun wieder viel weniger in der Welt.
Make America Great Again (MAGA) oder jetzte Keep America Great drücken beide die neue Haltung der Vereinigten Staaten aus:
Die USA kümmern sich nicht mehr um die Welt, sondern kämpfen eher für Eigeninteressen. Die Rolle als Weltpolizei scheint beendet.
USA First: Auch dieser Satz ist schon ca. 100 Jahre alt.
Achtung das ist ein Fazit mit Elementen eigener Meinung. Wenn Sie lieber die fachlichen Schlüsse am Ende interessieren, überspringen Sie einfach den kurzen Teil.
Fazit
Donald Trump nimmt nur die Gefühle und Stimmungen auf, die es in den USA schon seit Jahrzehnten gibt. Die USA wollen nicht mehr so viel helfen, wenn ihre Hilfe meistens sowieso nicht akzeptiert wird. Der Rest der Welt scheint ihm egal. Damit steht er allerdings nicht alleine, da ein Großteil der Bevölkerung das ähnlich sieht. Nur Trumps Methoden sind mittlerweile fragwürdig geworden.
Die (relative) Einigkeit mit Russland ist auch kein Zufall, da beide Staaten keine direkten Konkurrenten mehr sind. Trump hat seinen Fokus mehr auf den Konflikt mit China (aus oben genannten Gründen) gelegt. Dennoch ist auch ihm die Abhängigkeit bewusst.
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Die BRD und Europa sind auf einem Scheideweg. Wir haben offenbar die Wahl zwischen einem offen diktatorischen China (gleichzeitig eine Wirtschaftsmacht), oder den im Moment unverlässlichen USA.
Kulturell stehen uns die USA viel näher. Kein Land hat den USA mehr zu verdanken, als Deutschland.
Auch wenn die EU oftmals als 4. Weltmacht gepriesen wird, erscheint dies weder wirtschaftlich, organisatorisch, noch militärisch haltbar.
Fazit
Dadurch, dass wir als Europäer keine Weltmacht sind, tragen wir nicht so viel Verantwortung und können uns auch einen Perspektivenwechsel erlauben.
Nicht alles, was der andere entscheidet, ist schlecht. Nicht alles, was wir als positiv empfinden, muss gut sein.
Oftmals entscheiden Länder nicht objektiv, sondern sind von ihrer Erfahrung, Dogmen, Ideologie, Position, unterschiedlichen Sicht auf die Welt und ihrer Geschichte geprägt. Das muss man immer im Hinterkopf behalten.
Demokratischer Diskurs bedeutet, dass man immer für seine Meinung einstehen, und diese auch verteidigen sollte. Trotzdem muss man auch in der Lage sein, den Mut aufzubringen, sich einzugestehen, dass man falsch liegen könnte.
Große Leitlinien der US Außenpolitik
Isolationismus
Die USA isolieren sich und ihnen ist die Welt egal. Sie haben ihre eigenen Chancen und Probleme.
Expansion
Die USA waren meist überlegen und erheben deswegen auch den Anspruch auf Ausdehnung in der Welt.
Krieg
Wenn die Welt Hilfe braucht, kommen die USA und retten die Situation.
Supermacht
Die USA retten die Welt nur nach ihrer eigenen Anschauung. Als Supermacht stellt man sich selber über andere Länder.
Orientierungslosigkeit
Oft ist nicht klar, wie sich die USA gegenüber der Welt verhalten wollen.